Klassische Texte zum Thema "Liebe" gibt es unendlich viele, hier ist eine kleine Auswahl davon:
Julia
Wie kamst du her? O sag mir, und warum?
Die Gartenmaur ist hoch, schwer zu erklimmen;
Die Stätt ist Tod—bedenk nur, wer du bist—,
Wenn einer meiner Vettern dich hier findet.
Romeo
Der Liebe leichte Schwingen trugen mich,
Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;
Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann,
Drum hielten deine Vettern mich nicht auf.
Cyrano
Es ist. Nun denke! Mir wird jeder Traum,
Es könne selbst die Häßlichste mich lieben,
Durch dieses Nasenungetüm vertrieben,
Und doch wie hätt' ich anders denn gekonnt?
Hab ich der Schönen Schönste mir erlesen!
Le Bret
Die Schönste?
Cyrano
Ja, von allen, die gewesen,
War keine je so hold, so zart, (mit Niedergeschlagenheit)
so blond!
Le Bret
Mein Gott, wer ist sie denn?
Cyrano
Ein süß Verhängnis,
Das ahnungslos vernichtet und belebt,
Ein Fallstrick der Natur, den zur Bedrängnis
Die Liebesgötter rosig uns gewebt!
Ihr Lächeln ist das Paradies auf Erden.
Sie legt noch Anmut in ein Nichts und zeigt
Sich gottgleich in Bewegung und Gebärden;
Sie schwebt in ihren Wagen und sie schreitet
Leichter, als Venus in die Muschel steigt
Und als Diana durch die Wälder gleitet!
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Vierte Scene. / Ferdinand von Walter. Luise.
Ferdinand (ihr Hand nehmend und zum Munde führend)
Und liebt mich meine Luise noch? Mein Herz ist das gestrige, ist's auch das deine noch? Ich fliege nur her, will sehen, ob du heiter bist, und gehn und es auch sein - Du bist's nicht.
Luise
Doch, doch, mein Geliebter.
Ferdinand
Rede mir Wahrheit. Du bist's nicht. Ich schau durch deine Seele, wie durch das klare Wasser dieses Brillanten. (Zeigt auf seinen Ring.) Hier wirft sich kein Bläschen auf, das ich nicht merkte - kein Gedanke tritt in dies Angesicht, der mir entwischte. Was hast du? Geschwind! Weiß ich nur diesen Spiegel helle, so läuft keine Wolke über die Welt. Was bekümmert dich?
Luise(sieht ihn eine Weile stumm und bedeutend an, dann mit Wehmuth)
Ferdinand! Ferdinand! Daß du doch wüßtest, wie schön in dieser Sprache das bürgerliche Mädchen sich ausnimmt -
Ferdinand
Was ist das? (Befremdet.) Mädchen! Höre! wie kommst du auf das? - Du bist meine Luise. Wer sagt dir, daß du noch etwas sein solltest? Siehst du, Falsche, auf welchem Kaltsinn ich dir begegnen muß. Wärest du ganz nur Liebe für mich, wann hättest du Zeit gehabt, eine Vergleichung zu machen? Wenn ich bei dir bin, zerschmilzt meine Vernunft in einen Blick - in einen Traum von dir, wenn ich weg bin, und du hast noch eine Klugheit neben deiner Liebe? - Schäme dich! Jeder Augenblick, den du an diesen Kummer verlorst, war deinem Jüngling gestohlen.
Silvius
Entsinnst du dich der kleinsten Torheit nicht,
in welche dich die Liebe je gestürzt,
so hast du nicht geliebt.
Und hast du nicht gesessen wie ich jetzt,
den Hörer mit der Liebsten Preis ermüdend,
so hast du nicht geliebt.
Und brachst du nicht von der Gesellschaft los,
mit eins, wie jetzt die Leidenschaft mich heißt,
so hast du nicht geliebt.
Was zürnst du unsrer frohen Jugendweise
Und lehrst, daß Lieben Tändeln sei?
Du starrest in des Winters Eise
Und schmälest auf den goldnen Mai.
Einst, als du noch das Nymphenvolk bekriegtest,
Ein Held des Karnevals den deutschen Wirbel flogst,
Ein Himmelreich in beiden Armen wiegtest
Und Nektarduft von Mädchenlippen sogst—
Ha Seladon! wenn damals aus den Achsen
Gewichen wär der Erde schwerer Ball,
Im Liebesknäul mit Julien verwachsen
Du hättest überhört den Fall!
O denk zurück nach deinen Rosentagen
Und lerne: die Philosophie
Schlägt um, wie unsre Pulse anders schlagen;
Zu Göttern schaffst du Menschen nie.
Wohl, wenn ins Eis des klügelnden Verstandes
Das warme Blut ein bißchen muntrer springt!
Laß den Bewohnern eines bessern Landes,
Was nie dem Sterblichen gelingt.
Zwingt doch der irdische Gefährte
Den gottgebornen Geist in Kerkermauren ein,
Er wehrt mir, daß ich Engel werde,
Ich will ihm folgen, Mensch zu sein.
(aus: Wir fanden einen Pfad)
Ich habe den Menschen gesehn in seiner tiefsten Gestalt,
ich kenne die Welt bis auf den Grundgehalt.
Ich weiß, daß Liebe, Liebe ihr tiefster Sinn,
und daß ich da, um immer mehr zu lieben, bin.
Ich breite die Arme aus, wie er getan,
ich möchte die ganze Welt, wie er, umfahrn.
(aus: Wir fanden einen Pfad)
Einen Freund über seinen Liebeskummer zu trösten
Wir müssen immer wieder uns begegnen
und immer wieder durch einander leiden,
bis eines Tages wir das alles segnen.
An diesem Tage wird das Leiden weichen,
das Leiden wenigstens, das Blindheit zeugte,
das uns wie blinden Wald im Sturme beugte.
Dann werden wir in neues Ziel und Leben
wie Flüsse in ein Meer zusammenfließen,
und kein Getrenntsein wird uns mehr verdrießen.
Dann endlich wird das, ... suchet nicht das Ihre'
Wahrheit geworden sein in unsern Seelen.
Und wie an Kraft wird's uns an Glück nicht fehlen.
Eine Sammlung von Liebeslyrik deutscher Dichter und Dichterinnen
Zeitraum: 16. bis 20. Jahrhundert