Wir alle haben in jedem Moment Bedürfnisse - physische Bedürfnisse nach Essen, Trinken oder Schlafen, aber auch psychische Bedürfnisse nach Sicherheit, Spiel, Erholung oder Autonomie. Diese Bedürfnisse machen sich (nach Marshall Rosenberg) durch Gefühle bemerkbar – positive Gefühle, wenn meine Bedürfnisse gestillt werden und negative Gefühle, wenn meine Bedürfnisse nicht erfüllt sind.
Als Konkretisierung dieser universellen Bedürfnisse beschreibt Richard G. Erskine (2002) acht Beziehungsbedürfnisse, also Bedürfnisse, die im Kontakt mit anderen Menschen existieren. Während sich diese Bedürfnisse in allen Beziehungsformen finden, betreffen die folgenden Detailinformationen speziell partnerschaftliche Beziehungen.
Ich bin körperlich und emotional in der Beziehung sicher aufgehoben.
Ich bin gleichzeitig verletzlich und in Verbindung mit dem anderen.
Ich kann sein wer ich bin.
Ich kann mich zeigen ohne zu befürchten, die Zuneigung und den Respekt des Partners zu verlieren.
Ich weiß, woran ich bin.
Mein Partner und ich haben verlässliche Absprachen und Regeln.
Mein Partner kommuniziert wertschätzend mit mir.
Ich werde von meinem Partner verstanden.
Ich erhalte von meinem Partner die Bestätigung, dass meine Bedürfnisse legitim sind.
Mein Partner bestätigt mir die Bedeutsamkeit meiner Gefühle, meiner Phantasien und meiner Realitätswahrnehmung.
Mein Partner ist präsent, wenn er mit mir in Kontakt ist.
Mein Partner nimmt mich an.
Mein Partner gibt mir Schutz, Ermutigung und Orientierung, auch wenn ich schwach bin.
Mein Partner schützt mich vor meinen eigenen übermäßigen Ansprüchen.
Mein Partner hilft mir mich zu begrenzen.
Mein Partner ist beständig, verlässlich und eine gefestigte und vertrauenswürdige Person.
Mein Partner ist eine fördernde und positiv erlebte Identifikationsfigur.
Mein Partner teilt meine Erfahrungen beziehungsweise er kann meine spezifischen Erfahrungen nachvollziehen und damit bestätigen.
Mein Partner versteht mich.
Mein Partner geht (dadurch) denselben Weg im Leben, er ist wie ich.
Mein Partner wertschätzt meine persönliche Erfahrung, auch wenn sie von seiner abweicht.
Mein Partner glaubt mir.
Mein Partner spiegelt meine Gefühle und Bedürfnisse.
Ich (er-)kenne meine persönliche Einzigartigkeit.
Ich kann in meiner Beziehung meine Einmaligkeit ausdrücken, meine ganz eigenen Bedürfnisse, meine ganz eigenen Wünsche.
Mein Partner lässt meine Sichtweisen und Meinungen zu.
Ich werde von meinem Partner in dieser Einmaligkeit wahrgenommen und akzeptiert, auch bei Meinungsverschiedenheiten.
Ich habe Einfluss auf meinen Partner.
Ich kann Denken und Handeln meines Partners in einer gewünschten Weise beeinflussen und eine emotionale Reaktion beim anderen auslösen.
Ich kann beim Partner Veränderungen bewirken.
Mein Partner und ich wechseln uns ungefragt ab beim auf den anderen zukommen und beim Initiative ergreifen.
Mein Partner macht mir Angebote.
Ich drücke meine Liebe aus durch Fürsorge, Dankbarkeit, Wertschätzung oder indem ich für meinen Partner etwas tue.
Mein Partner nimmt meine Zuneigung und Dankbarkeit an.
Erfüllt der Partner meine Beziehungsbedürfnisse, so erfahre ich darüber seine Liebe.
Wird ein Beziehungsbedürfnis nicht erfüllt, hat das Konsequenzen auf die Beziehung zueinander. Wird beispielsweise mein Bedürfnis nach Bestätigung der eigenen Erfahrungen (Bedürfnis 4) nicht erfüllt, werde ich vielleicht meine eigene Meinung immer weniger äußern. Wenn ich merke, dass ich keinen Einfluss auf meinen Partner habe (Bedürfnis 6), kann es sein, dass ich in der Beziehung passiv werde oder resigniere. Ergreift mein Partner zu selten oder gar nicht die Initiative (Bedürfnis 7), so könnte in mir der Eindruck entstehen, ich sei ihm nicht wichtig genug. Fehlt es mir daran, in meinem Einmalig-Sein wahrgenommen zu werden (Bedürfnis 5), ziehen vielleicht Streit oder Konkurrenzdenken in die Beziehung ein. Und ist mein Bedürfnis nach Sicherheit (Bedürfnis 1) nicht erfüllt, fehlt mir vielleicht in Zeiten der Veränderung der Mut mitzugehen.
Richard G. Erskine: Relational Needs, EATA Newsletter Nr. 73, 2002 / deutsch: Beziehungsbedürfnisse, ZTA , Heft 4, 2008
R. G. Erskine, J. P. Moursund, R. L. Trautmann: Beyond Empathy – A Therapy of Contact-in-Relationship. Brunner & Mazel, New York, 1990